»Pressefreiheit ist ein systemisches Problem – deswegen gehen wir dieses Thema aus einer systemischen Perspektive an.«

Am 3. Mai ist Internationaler Tag der Pressefreiheit. Unabhängige und freie Medien wie Zeitungen, Fernsehen, Radio und auch Internetmedien gehören zu den Grundrechten demokratischer Länder. Sie sollen die Öffentlichkeit unabhängig und zutreffend über aktuelle Entwicklungen informieren, Missstände aufzeigen und durch Kritik und vielfältige Diskussion zur öffentlichen Meinungsbildung beitragen. Ashoka-Fellow Mehmet Atakan Foça will die Beziehung zwischen Bürger:innen und Medien neu definieren: Sie sollen nicht mehr passiv konsumieren, sondern aktiv mitwirken – etwa, indem sie Fakten prüfen. Ein Gespräch.

Ashoka: Was bedeutet Pressefreiheit für dich? Und warum ist sie wichtig?

Mehmet: Pressefreiheit ist eines der wichtigsten Dinge, um ein starkes Medien-Ökosystem aufzubauen – in der Türkei wie auch im Rest der Welt. Länder, in denen es ein freies Medienumfeld gibt, sind die Länder, in denen es Qualitätsjournalismus gibt. Wir glauben, dass Qualitätsjournalismus mit wirkungsorientiertem Journalismus einhergeht. Natürlich ist die Freiheit der Meinungsäußerung entscheidend für die Pressefreiheit. Was darüber hinaus wichtig ist: professionell und gut ausgestattete Journalist:innen; ein wirtschaftlich florierendes Medien-Ökosystem; Journalist:innen, die freien Zugang zu den von ihnen benötigten Informationen haben; Journalist:innen, die rechtlichen Schutz genießen.

Pressefreiheit bedeutet also vor allem, dass die Beziehung zwischen Journalist:innen und Informationen intakt ist?

Genau. Journalist:innen, die in der Lage sind, auf die von ihnen benötigten Informationen zuzugreifen, sie zu verarbeiten und zu speichern, ist sehr zentral für die Pressefreiheit. In diesem Sinne geht es bei der Pressefreiheit um die Wirkung von Journalist:innen und Medien, die die Agenda setzen und ihrem Publikum genaue Informationen und Zusammenhänge vermitteln können. Dies ist etwas, das wir bei Teyit versuchen umzusetzen.


Wo siehst du die Pressefreiheit aktuell in Gefahr?


Die gängige Definition von Pressefreiheit ist der freie Zugang zu Informationen und dass sie frei verbreitet werden können. Bestehende wirtschaftliche, rechtliche und politische Zwänge hindern Journalist:innen daran, auf Informationen zuzugreifen und sie ihrem Publikum mitzuteilen. Der entscheidende Punkt, der die Pressefreiheit gefährdet, liegt in der Beziehung zur Information. 


Wie können wir es schaffen, diese Probleme zu bewältigen?

Leider gibt es keine magische Formel, um diese Probleme zu überwinden. Vielmehr glaube ich, dass es viele Aspekte gibt, die verbessert werden müssen. Zu den prominentesten gehören: die Qualität der Demokratie, die wirtschaftliche Unabhängigkeit des Medienökosystems, die Schaffung nachhaltiger Geschäftsmodelle für den Journalismus, professionell gut ausgestattete Journalist:innen, kompetente Internetnutzer:innen.

Wo setzt die Arbeit deiner Organisation da an?

Mit Teyit wollen wir neue Wege schaffen, eine gute Beziehung zwischen Journalist:innen und Internetnutzer:innen zu etablieren – die Informationen, die geteilt werden, sollen Qualiät haben. Fakten zu checken, unterstützt die Qualität, ist aber nur ein Weg von vielen. Wir sehen Information und Pressefreiheit als ein systemisches Problem und gehen dieses Thema aus einer systemischen Perspektive an. Aus diesem Grund haben wir ein Bildungsprogramm für Journalist:innen, Medien und Internetnutzer:innen aufgebaut. Unser Ziel ist es, ein Bewusstsein für ein Ökosystem zu schaffen, indem wir nachhaltige Geschäftsmodelle unterstützen, die Freiheit und Objektivität ermöglichen. Wir glauben, dass dies wichtige Schritte sind, um die Qualität der Pressefreiheit zu verbessern. Wir sollten Pressefreiheit als Ganzes betrachten und neue Werkzeuge schaffen, um eine vollwertige Pressefreiheit zu erreichen.

 

 

Die Fragen stellte Louise Dhavernas.

Mehr Informationen zu Mehmets Organisation »Teyit« gibt es hier.

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